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Bursa. KARTHAGO. 56. Route. 361 C. Gracchus eine römische Kolonie anzulegen versucht, aber erst der Scharf-
blick
Cäsars veranlaßte im J. 44 eine endgültige Neubesiedelung (Colonia
Julia Carthago)
. Die Aussendung einer Veteranenkolonie durch Augustus
und die Erhebung zur Provinzhauptstadt an Stelle Utikas (29 vor Chr.)
leiteten die neue Glanzzeit Karthagos ein, das sich zu der neben Ale-
xandria
(S. 454) bedeutendsten Hafenstadt am Mittelmeer und zur dritt-
größten
Stadt des römischen Reiches entwickelte. Seine Rhetoren- und
Philosophenschulen waren weithin berühmt. Die leidenschaftlichen Vor-
kämpfer
des Christentums, wie Tertullian (160- ca. 245), der Gründer der
Sekte der Tertullianer, und Cyprianus ( 258), welcher gegen die An-
sprüche
Roms auf einen Vorrang innerhalb der Kirche protestierte, hatten
ihren Sitz in Karthago, dem wichtigsten Bistum Nordafrikas. Auf zahl-
reichen
Konzilen (seit 393) wurden hier die Dogmen der katholischen Kirche
weiter ausgestaltet, auf der Synode in den Gargilianischen Thermen wider-
legte
411 der h. Augustin (S. 323) mit seiner feurigen Beredsamkeit die
Glaubenssätze der Donatisten (S. 335) und Tertullianer.

Seit Genserich (S. 336), der den alten Palast des Prokonsuls zum
Königssitz umgestaltete, war Karthago Hauptstadt des Vandalenreiches,
unter den Byzantinern wurde es die Residenz der Statthalter. Nachdem
Hassan Ibn en-Nôman (S. 336), welcher selbst die Häfen zuschütten ließ,
698 die Stadt kaum weniger gründlich zerstört hatte wie Scipio, haben die
Ruinen jahrhundertelang das Baumaterial für Kairouan (S. 389), Tunis,
Goletta und die kleineren Nachbarorte geliefert, römische und byzan-
tinische
Säulen wurden sogar durch die Mauren nach Córdoba, durch die Ita-
liener
bis Palermo, Amalfi, Pisa und Genua verschleppt. Die Versuche
der Hafsiden (S. 337), Karthago neu zu besiedeln, hatten nur geringen Erfolg.
Auf dem Burghügel starb im J. 1270 Ludwig IX., der Heilige, bei seinem
Kreuzzuge gegen El-Mostanser Billah an der Pest, von hier aus unternahm
auch 1535 Kaiser Karl V. seinen Feldzug gegen Tunis. Eine neue Bau-
tätigkeit
, wiederum auf Kosten der antiken Überreste, hat seit den Tagen
des Kardinals Lavigerie (1825-92) begonnen, der in den Missions d’Afrique
(s. unten) einen Mittelpunkt für die katholische Mission in Nordafrika schuf
und 1884 die Wiederherstellung des alten Erzbistums durchsetzte.

Nach den endlosen Zerstörungen und unaufhörlichen Terrainver-
änderungen
läßt sich der Plan des punischen und des römischen Karthagos,
das etwa wie Mannheim schachbrettartig angelegt war, im einzelnen nur
sehr schwer verfolgen. Für den kläglichen Zustand der meisten antiken
Baudenkmäler bieten die Schönheit der Landschaft und die Fülle geschicht-
licher
Erinnerungen einen reichen Ersatz. Die wertvollen Ausgrabungs-
ergebnisse
der letzten Jahrzehnte haben im Musée Lavigerie (s. unten),
im Bardomuseum (S. 355) und im Louvre Unterkunft gefunden.

Die Byrsa (59m), der vom Meeresufer 600m entfernte alte
Burghügel von Karthago, welcher in der punischen Zeit u. a. den
Eschmuntempel, unter den Römern den Äskulaptempel und den
Palast des Prokonsuls trug, wird jetzt als Colline de St-Lonis de
Carthage
von der Ludwigskapelle, dem großen Seminar und der
Erzbischöflichen Kathedrale eingenommen. Von der Terrasse an
der Seeseite, neben dem S. 358 gen. Hôtel St-Louis de Carthage, hat
man einen herrlichen *Blick auf den Golf von Tunis und auf die
Stätte des alten Karthagos.

Das angrenzende Grand Séminaire de Carthage, Missions-
anstalt
und Priesterseminar der 1875 durch den Kardinal Lavigerie
gegründeten Pères Missionnaires d’Afrique, die nach ihrer halb
arabischen Tracht kurzweg Pères Blancs genannt werden, enthält
das 1875 angelegte *Musée Lavigerie, die Ergebnisse der Aus-
grabungen
des Père Delattre, des gelehrten Seminarvorstehers.